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Gastblog: Die dreieckige Whiskyflasche

Meine erste Begegnung mit einem Single Malt liegt schon vergleichsweise lange zurück. Mitte der Achtziger Jahre etwa, im zarten Alter von 10 Jahren, fiel mir zum ersten Mal eine dreieckige grüne Flasche in der Kellerbar meines Onkels auf, die dort im Schnapsregal ihren Platz irgendwo zwischen Rum und Cognac gefunden hatte. Mich interessierte damals lediglich die ungewöhnliche Form der Flasche, die mir in Erinnerung blieb, über den möglichen Inhalt machte ich mir keine Gedanken. Zehn Jahre ist freilich auch kein Alter, in dem man sich für Schnaps interessiert.

Das änderte sich einige Jahre später, Anfang der 90er, ich mochte 16 oder 17 gewesen sein, da fand ich abermals den Weg in die Kellerbar meines Onkels, und dort stand immer noch die gleiche dreieckige grüne Flasche. Als angehender Mann stellte ich nun aber sogleich fest, dass es sich da um Whisky handelte, ein Teufelszeug für echte Kerle, wie man es aus dem Western kennt. Nur den Namen konnte ich nicht aussprechen, ich buchstabierte also G-L-E-N-F-I-D-D-I-C-H. Die Amerikaner haben schon seltsame Namen, ging es mir durch den Kopf. Aber es war nicht nur Whisky, sondern 'Pure Malt', das hatte maskulinen Touch. Mein Onkel ließ es sich nicht nehmen, mir einen Schluck davon in einem flachen Wasserglas zu kredenzen, so wie ich es auch schon in besagten Western gesehen hatte. Meine Erfahrung mit unverdünnten Spirituosen beschränkte sich zu dem Zeitpunkt wohl ungefähr auf Tequila, den man immerhin mit Zitrone und Salz in einem herrlich widerwärtigen Ritual konsumieren konnte. Den Geist aus der grünen Flasche aber bekam ich nicht hinunter, dieser Stoff haute mich fast vom Stuhl, und ich musste nach dem ersten Schluck schon wieder kapitulieren. Mein Onkel nickte triumphierend, und ich erklärte dem Whisky von da an den Krieg.

In den folgenden Jahren bekämpfte ich ihn mit allem, was gerade en vogue war: Whisky mit Cola, Whisky mit Apfelsaft, Whisky mit Baileys, Whisky mit Wein. Der Feind lauerte überall, im Supermarkt, in der Disco, bei den Kumpels. Mit allerlei Tricks konnte er in Schach gehalten werden, aber Waffenstillstand gab es keinen. Jahre später, in meinen späten Zwanzigern, gab es erste Friedensverhandlungen, und ich rauchte mit Jack Daniels die Friedenspfeife. Der Olymp des Whiskys war erreicht, und ich konnte sogar über den Schönheitsfehler hinweg sehen, dass sich ein 'e' in diesen Whiskey eingeschlichen hatte. Dieser Stoff war in manchen Läden sogar hinter Glas eingeschlossen und kostete das Zwei- bis Dreifache des Üblichen, was ich kannte. Das Größte aber war, dass man ihn nicht nur mit Cola bezwingen, sondern als nun ganz harter Kerl auch 'on the rocks' mit reichlich Eis hinunter stürzen konnte. In Sachen Whisk(e)y konnte mir nun keiner mehr das Wasser reichen.

Ein paar Jahre später fand ich mich wieder einmal bei meinem Onkel ein, und dort stand immer noch dieselbe Flasche Glenfiddich, die ich dort vor über 20 Jahren zum ersten Mal erblickt hatte. Der Füllstand ging etwa auf ein Viertel. Was war das für ein seltsamer Stoff, dem in über 20 Jahren nicht beizukommen war, denn Heerscharen durstiger Trinker waren schon durch diese Kellerbar gezogen und hatten es nicht vermocht. Und hatte er nicht auch über mich obsiegt? Wieder bot mir mein Onkel ein Glas an, dieses Mal nicht triumphierend, sondern eher entschuldigend, weil er sonst keinen Whisky habe und die Flasche nun schon so lange offen stehen würde. Also beschloss ich den Kampf aufzunehmen und eine alte Rechnung zu begleichen. Beim Thema Whisky war ich ja jetzt mit allen Wassern gewaschen. Ich setzte mich mit meinem Glas Glenfiddich auf die Wohnzimmercouch. Es war wieder ein flaches Wasserglas, und ich verlangte es ausdrücklich ohne Eis, denn pur zu trinken war die letzte ungeschlagene Schlacht im nie für beendet erklärten Whisky-Krieg. Und das auch noch mit dem Stein des Anstoßes, ein doppelter Triumph! Ich setzte das Glas an, nahm den ersten vorsichtigen Schluck – und erlebte eine Offenbarung. Aromen, die ich nie für möglich gehalten hätte, vermochte ich wahrzunehmen, und der Whisky ging sehr angenehm über Zunge, Gaumen und durch die Kehle. Da begriff ich mit einem Mal, dass ich diesem Getränk schreckliches Unrecht getan hatte und schämte mich fürchterlich. Ich erklärte den Krieg augenblicklich für beendet und gelobte Besserung. Mein Onkel vermachte mir sodann die Glenfiddich-Flasche zum Geschenk. An diesem Tag beschloss ich, dass der Single Malt und ich gute Freunde werden sollten.

Nun, an dieser Stelle endet die Geschichte zunächst, denn ich musste feststellen, dass Deutschland in Sachen Whisky ein erbärmliches Entwicklungsland ist. Wie sollte es mir je gelingen, in die hohen Sphären des Single Malt aufzusteigen, aus dem dieser Glenfiddich zu mir herab gestiegen war? In den meisten Supermärkten ist bei Jack Daniels Feierabend, dann kommen höchstens noch ein zwei Sorten in schicken Pappkartons daher, mit mir unbekannten Namen und fantastischen Preisen. Was sind das für edle Tropfen, und würden sie mir schmecken? Und wären sie ihren Preis wert? Ich ahnte wohl, die Wahrheit musste irgendwo in diesen Kartons zu finden sein, aber ohne weitere fundierte Information konnte ich keinen rechten Zugang finden. Die hohe Whisky-Kunst deutscher Bars erschöpft sich leider auch zumeist darin, diverse Blends mit Eiswürfeln schockzufrosten und im Tumbler zu servieren. Im Internet versuchte ich mich auch, aber was ich dort bei gelegentlicher Suche vorfand, brachte mich nicht wirklich weiter. Vor allem ein versierter Einstieg in die Materie fehlte mir. Und so wanderte die dreieckige grüne Flasche in mein eigenes Schnapsregal und wurde gelegentlich ehrfürchtig bewundert.

Kürzlich fand ich dann doch Zeit und Muße, mich meinem 'Projekt Whisky' ernsthaft zu widmen. Dieses Mal stieß ich nach kurzer Suche auf 'The Whisky Store', und von diesem Augenblick an sollte sich alles ändern.

Dank TWS habe ich in den letzten vier Wochen so viel über Whisky gelernt, wie ich es mir nie auch nur annähernd hätte vorstellen können. Und mir wurde bewusst, dass ich vorher eigentlich gar nichts wusste. Und das (seit über 25 Jahren geöffneter und immer noch genießbarer!) Glenfiddich nur die erste Stufe auf einer langen Leiter ist. Frohen Mutes, und nicht zuletzt dank Ihrer großartigen Tasting-Videos, habe ich nun ganz frisch eine kleine Einsteiger-Kollektion von einem Dutzend Flaschen bei Ihnen erworben und bin restlos fasziniert, dabei habe ich erst kaum die Hälfte der Flaschen geöffnet. Natürlich stehe ich noch ganz am Anfang des Single-Malt-Kosmos, aber wie weiland beim Raumschiff Enterprise werde ich mich anschicken, diese unendlichen Weiten zu ergründen, und das Raumschiff trägt den Namen TWS. Und Horst Lüning ist sein Kapitän!

Weiter so!

Ihr neues Schäfchen in der Gemeinde der wahrhaftigen Whisky-Genießer.