Schwere Zeiten für die Whiskyindustrie

Strafzölle, Brexit und Pandemie

Overtüre - Stahl und Aluminium

Die turbulenten Zeiten für die schottische aber auch amerikanische Whiskyindustrie begannen am 9. März 2018 mit der Verhängung von weltweiten Zöllen durch die USA gegen den Import von Stahl und Aluminium. Die Zölle starteten am 1. Juni 2018 mit 25% auf Stahl und 10% auf Aluminium. Ohne dies politisch werten zu wollen, bedeuten Zölle immer eine Abschottung eines Landes vor auswärtigem Einfluss und Abhängigkeit. Während Zölle in der Regel weltweit bei 2% bis 4% liegen, waren diese 25% schon eine ganz andere Hausnummer. Die globalen Politiker waren in Aufruhr, als ob man in ein Wespennest gestochert hätte.

1.Akt - Bourbon

Die EU erhob im Gegenzug ab 1. Juli 2018 ebenfalls 25% Strafzölle auf Bourbon und weitere Konsumgüter. Nun ist es im WTO-Zollabkommen üblich, dass etwaige Zölle immer gegenseitig in gleicher Höhe erhoben werden. Das hieß speziell für die EU, dass Single Malt Scotch Whisky ab Oktober 2019 von Seiten der USA ebenfalls mit 25% Zoll belegt wurden. Resultat war ein Rückgang der Exporte von Schottland in die USA um 34% und in der Gegenrichtung ein Rückgang in die EU in Höhe von 41%.

Die Wirtschaftstheorie urteilt in dieser Hinsicht ganz eindeutig: Bei Zöllen gibt es nur Verlierer auf beiden Seiten. Wer als Politiker im Gegenteil meint, mit einem Zoll könne man wirtschaftlich punkten und seiner heimischen Wirtschaft einen Gefallen tun, der hätte vielleicht nicht sein Politik- bzw. Soziologiestudium abbrechen sollen. Ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium wäre tatsächlich sinnvoller gewesen. Zölle kennen keine Sieger, nur Verlierer.

Für Whisky.de bedeutete dies eine satte Verteuerung der hochwertigen Bourbons. Tatsächlich stiegen manche Preise extrem, da es zu Verknappungen oder gar Aussetzen von Exporten als ganzes kam. Billiger Massen-Bourbon war davon nicht so sehr betroffen, da als Zollbasis der Importpreis zum Ansatz kommt. Und beim billigen Sprit werden nicht teure Einzelflaschen sondern Flüssigkeitscontainer verzollt. Und bei denen fehlt die große Wertschöpfung, die erst bei der Abfüllung der Einzelflaschen entsteht.

2.Akt - Brexit

Am 20. Dezember 2019 nahm das Britische Unterhaus nach langjährigen zähen Verhandlungen - wer hätte es kürzer erwartet - den von Boris Johnson ausgehandelten Deal mit der EU an. Viele glaubten schon nicht mehr an den Brexit, da das Referendum zum EU-Austritt bereits am 23. Juni 2016 stattfand und seitdem nur bürokratisches Versteckspiel angesagt war. Am 1. Februar 2020 begann dann der Übergangszeitraum, der nach dem Übergangsgesetz zum 31. Dezember 2020 endete. Die Möglichkeit zur Verlängerung bis 2022 wurde nicht wahrgenommen. Ab dem 1. Januar 2021 wird Großbritannien von Seiten der EU als Drittstaat angesehen.

Seit Anfang Januar 2021 sind die Warenlieferungen in die EU nicht mehr so einfach wie früher. Natürlich hat man zwischen UK und EU keine Zölle eingeführt. Auch wenn das Rauschen im medialen Blätterwald groß war, so war doch Wissenden vollkommen klar, dass es keine Zölle seitens der EU in Richtung UK geben könne. Warum? Weil Großbritannien aus der EU weitaus mehr importiert, als UK im Gegenzug exportiert. Jeder Hang von EU-Politikern, hier Zölle zu erheben und so die Eigenfinanzierung der EU auf bessere Füße zu stellen (alle Zölle gehen direkt in die Tasche der EU), wurde von der Wirtschaft unterdrückt. Das Abwehrfeuer besonders unserer Autoindustrie war groß. Schließlich exportieren die heimischen Autobauer in kein anderes Land auf der Welt mehr Einheiten als nach Großbritannien. Selbst USA und China liegen sehr deutlich dahinter.

Aber für unseren Single Malt Scotch Whisky bedeutete die Umstellung des Importverfahrens (andere Formulare, Zuständigkeiten und Personal) dennoch eine Verknappung durch wochenlange Verzögerungen. Außenminister (SPD), Finanzminister (SPD), Wirtschaftsminister (CDU) und Innenminister (CSU) hätten sich ja mit der EU auf eine konzertierte Aktion zur Bewältigung dieser bürokratischen Mammutaufgabe einigen müssen. Unsere gelähmte Politik und die mangelnde Digitalisierung sind da nicht hilfreich.

Die Single Malt Scotch Whiskypreise zogen in Folge ab dem 1. Januar 2021 an.

Der Brexit hatte für Schottland aber auch Vorteile. So hoben die USA den Gegenzoll auf Single Malt Whisky zum 1. März 2021 für vier Monate auf. Schottland kann nun eines seiner größten Whisky-Exportländer wieder zu regulären Konditionen beliefern und dort die Läger auffüllen.

3.Akt - Pandemie

Am 11. März 2020, 10 Wochen nach dem Brexit, rief die WHO die globale Pandemie aus. Schon vorher bekamen wir über die Medien die Abriegelung ganzer Millionenstädte in China gezeigt. Damit verbunden auch Lockdowns. Wer sich das bei uns nicht vorstellen konnte, wurde am 22. März 2020 eines besseren belehrt. Sieben Wochen Lockdown bis zum 4. Mai 2020.

Auch wir bei Whisky.de waren betroffen. Allerdings hatten wir vorgesorgt und alle Mitarbeiter mit mobilen Arbeitsplätzen ausgerüstet. Unsere Infrastruktur war damals schon so ausgelegt, dass alle von zu Hause remote auf unseren Servern arbeiten konnten. Auch unser Dienstleister in der Verpackung und dem Versand reagierte flexibel und professionell. Mit der Einführung von zwei Schichten mit 30 min Pause zur Desinfektion der Arbeitsmittel, konnte die Gefahr der Ansteckung und der Ausfall des Versands wirksam verhindert werden.

Durch die rasche Umstellung des Kaufverhaltens der Bürger auf Online-Bestellungen boomte in der gesamten Welt - und auch bei uns - der Versandhandel. Da wir seit mehr als 25 Jahren sehr stark im Versandhandel sind und seit rund 10 Jahren ausschließlich versenden, war dies alles kein Neuland. Und unsere Entscheidung vom Februar 2020, unser Lager extrem für den vermutlich kommenden Boom aufzustocken, zahlte sich aus. Durch etwas Glück konnten wir auch die Belegschaft in Verpackung und Versand kurzfristig aufstocken, da ein sehr großer süddeutscher stationärer Händler, ebenfalls Kunde bei unserem Logistikdienstleister, komplett ausfiel.

Was dann geschah, konnte man in den Medien mitverfolgen. Für das gleiche Wachstum, für das der Internethandel in der Vergangenheit lange 10 Jahre benötigte, brauchte er in der Pandemie nur wenige Wochen. Und weil das alles so gut funktionierte, behielten die Kunden das Kaufverhalten auch mit Ende des Lockdowns bei. Sie hatten ja auch oft keine andere Chance. Zahlreiche Geschäfte blieben nach dem ersten Lockdown dauerhaft geschlossen.

Der zweite Lockdown begann dann am 2. November 2020 in einer Light-Version. Am 13. Dezember wurde dann verlängert und am 16. Dezember, maximal unpassend vor dem Weihnachtsgeschäft, musste der Einzelhandel schließen. Was da an Ansturm auf den Versandhandel begann, kann man nicht in Worte fassen. Am 6. Januar 2021 kam es dann zu weiteren Beschränkungen, die dann zu Ostern in einem harten Lockdown mündeten.

Alles weitere wird Ihnen noch deutlich im Gedächtnis sein.

Fazit

Wenn zwei sich streiten, so freut sich der Dritte. Die Exporte von schottischem Whisky nach Asien boomen. Globale Untersuchungen haben ebenfalls gezeigt, dass sich die Menschen den Alkoholkonsum durch Schließung von Bars und Restaurants nicht vermiesen lassen. Nicht nur in den USA nahm der Alkoholkonsum zu. Während man bei uns Toilettenpapier hortete, kauften die Amerikaner die Alkoholregale der Liquor Stores und Supermärkte leer. Mangels schottischem Whisky griff man bei Tequila, Mescal, Wodka und natürlich amerikanischem Whiskey beherzt zu. Laut Aussage des Distilled Spirits Council of the United States stiegen die Verbräuche über 2020 um 7% an. Das australische Marktforschungsinstitut Ipsos stellte im heimischen Markt eine Steigerung des Alkoholkonsums bei 21% der Bevölkerung fest. Das ist mehr als das Doppelte der global festgestellten 10%. Allerdings tranken auch 8% der Australier weniger.

Handelskriege, Strafzölle, Brexit und die Pandemie haben den globalen Whiskykonsum im Westen schwer beeinträchtigt, aber letztlich nicht verhindern können. Zölle, Lockdowns und die Unterbrechung der Handelswege machen die Versorgung komplizierter und mitunter auch teurer. Gut für uns, dass Whisky über Jahrzehnte haltbar ist. So gilt auch heute wie immer: Sorge bei Zeiten, so hast Du in der Not.

Ausblick

Düstere Gewitterwolken stehen erneut am Horizont. Man redet immer häufiger über Inflation. Die Zahlen für den August 2021 lauten: USA 5,37%; Deutschland 3,8%; UK 2,0%. Das ist zwar alles noch nicht beängstigend, aber die ersten Auswirkungen im Whiskyumfeld sind schon zu erkennen. Eine durchschnittliche Flasche Whisky zu 35€ wird um 1,30€ auf Jahresfrist teurer. Dazu kommt die schleppende Abfertigung und zum Teil leere Läger auf dem Kontinent, was die Preisvorstellungen der Distributeure und Großhändler beflügelt.

Es könnte damit Sinn machen, sich sein privates Lager vor dem einsetzenden Wintergeschäft zu füllen. Wir tun was wir können, um unser Lager gefüllt zu halten. Versprochen.