Wird Bourbon jetzt teurer?

Kommt nach dem Brexit ein Einfuhrzoll auf US-Whiskey?

Als Großbritannien für den Brexit stimmte, gingen in der Rest-EU und besonders in Deutschland die Wogen hoch. Wird schottischer Whisky jetzt teurer? Kurz nach dem Brexit-Votum haben wir hier im Newsletter die Umstände durchleuchtet und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Wahrscheinlichkeit für Preiserhöhungen auf Grund des Brexit und etwaiger Zölle gering ist. Der Wechselkurs Pfund zu Euro hat sich seit dem 22.6.16 (dem Tag vor dem Brexit) bis zum 16.3.18 um 13% zu Gunsten des Euro verbessert. Mögliche Einfuhrzölle würden nie in dieser Größenordnung ausfallen und damit aufgefangen werden.

Die Situation mit den USA ist eine andere. Unsere deutsche Autoindustrie exportierte 2016 1,3 Mio. Autos im Wert von 6,3 Mrd. Euro in die USA. Die Anzahl der in den USA produzierten Fahrzeuge, die im Gegenzug nach Deutschland kamen machten nur rund 50% dieser Summe aus. Das waren jedoch im seltensten Fall Fahrzeuge von Tesla, GM, Ford oder Chrysler. Es sind auch heute vor allem Fahrzeuge von BMW und Daimler, die in den USA für den deutschen Markt gebaut werden.

Während nun Fahrzeuge, die aus den USA nach Deutschland (EU) importiert werden mit 10% verzollt werden, fallen für die Fahrzeuge aus Deutschland in den USA nur 2,5% Zoll an. Da kann man die deutsche Automobilindustrie für die vergangene Arbeit nur beglückwünschen: Gut verhandelt!

Solche Ungleichheiten sind zwar bequem, aber man kann sie nicht auf Dauer aufrecht erhalten. So unbeliebt der amerikanische Präsident in unserer Öffentlichkeit ist, so trifft er in seinem eigenen Land bei der Anprangerung solcher Ungleichheiten auf große Zustimmung. China fällt dabei besonders auf. Sie verlangen für Autoimporte glatte 25% Zoll, um die heimische Wirtschaft zu stützen.

Die USA schlagen jetzt zurück und wollen die Importe aus China und Europa auch mit 25% verzollen. Das zöge mit China gleich - träfe die EU aber umso härter. Eine ähnliche Aktion findet zeitgleich mit Rohstoffen wie Stahl (25%) und Aluminium (10%) statt.

Und damit kommen wir schon zum Bourbon. Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Junker droht nun für die Erhöhung der Auto- und Rohstoffzölle mit 'Vergeltungsmaßnahmen'. Dazu hat er sich öffentlich wirksam bekannte Güter und Marken ausgesucht. Levi's, Harley Davidson und jede Art von Bourbon. Die Auswahl ist denkbar unglücklich gewählt. Levi's produziert zu 80% in Mittel- und Südamerika sowie Asien und Harley Davidson kämpft mit weniger als Zehntausend abgesetzten Maschinen pro Jahr (-20% zum Vorjahr) in Deutschland gegen sinkende Absatzzahlen.

Bleibt der Bourbon als großes Exportgut der USA. Deutschland importierte 2014 15 Mio. Flaschen Bourbon und American Whiskey à 0,7 Liter im Gesamtwert von 174 Mio. Euro. Das macht einen Durchschnitt von 11,60 Euro pro Flasche. Die 15 Mio. Flaschen entsprachen dabei 3,5% aller in Deutschland verkauften Spirituosen. *)

Nun muss sich Niemand vorstellen, dass auf diese 11,60 Euro pro Flasche (ohne MwSt.) einfach so 25% Zoll hinzu kämen und der Whiskey damit über Nacht 14,50 Euro kosten würde. Auch falls dieser Zoll käme, so nicht in voller Höhe. Wichtig in diesem Zusammenhang zu verstehen ist die Verteilung der Gestehungskosten einer Flasche Bourbon über die gesamte Produktions- und Handelskette.

Die Produktion des Bourbons liegt wegen der hohen Automatisierung und den Column Stills mit etwa einem Euro pro 0,7 Liter Flasche auf denkbar niedrigem Niveau. Die Hauptkosten liegen im Marketing, bei der lokalen Alkoholsteuer und der Abfüllung des Whiskeys in die Flaschen. Die Alkoholsteuer schlägt bei uns mit 13,03 Euro pro Liter reinem Alkohol zu Buche. Bei einer 0,7 Liter Standardflasche mit 40% Alkoholgehalt fallen so 3,65 Euro an.

Genau wie beim Blended Scotch (bei Single Malt Scotch gilt das nicht) darf Bourbon im Zielland in die Flasche gefüllt werden. So kommen die großen Whiskeymarken in der Regel per Tankcontainer zu 24.000 Liter in Europa an. Man spart sich damit den Transport des schweren Glases, das rund 50% des Gewichts einer befüllten Whiskeyflasche ausmacht. Von zumindest einer großen Bourbon Marke wissen wir, dass sie in Spanien abfüllt. Damit fallen diese Kosten erst in der EU an und werden damit keinem Einfuhrzoll unterworfen.

Fraglich bleibt, wie die Marketingkosten zwischen der Markenpflege in den USA und dem lokalen Vertrieb aufgeteilt werden. Aus anderen Branchen wissen wir seit den Skandalen um die Panama und Paradise Papers, dass diese schwer zu fassenden Kosten steuerneutral über Irland, Luxemburg und/oder die Niederlande abgeführt werden. Die Steuerabteilungen der Konzerne haben dabei die Aufgabe, den günstigsten Weg aus den Steuerbelastungen zwischen Erzeuger- und Verkaufsland unter Berücksichtigung von Zöllen, Abgaben und Gemeinkosten zu finden.

Mich würde es wundern, wenn pro 0,7 Liter Bourbon (ohne Flasche, ohne verdünnendes Wasser) mehr als 2 Euro Importpreis zu Stande kämen. 25% Steuern darauf entsprächen 50 cent oder 4,3% zum Durchschnittspreis. Ein Wert, der zwar weh tut, womit aber kein Handelskrieg gewonnen oder verloren würde.

Anders sieht es bei hochwertigem Bourbon aus, der bereits in den USA in die Flasche gefüllt wurde. Hier dürfte der Importpreis deutlich höher liegen und damit auch der Zoll. Doch die höheren Verkaufspreise hielten diesen Aufschlag auch prozentual in Grenzen. Mehr als 10% höhere Verkaufspreise sollten sich nicht einstellen.

Auch hier, wie beim Pfund, haben wir jedoch in den vergangenen 12 Monaten eine Wechselkursänderung von -13% vom Dollar zum Euro gesehen. Ein Ansteigen der Bourbonpreise um 10% können allein aus dem besseren Wechselskurs für uns aufgefangen werden.

Handelshemmnisse wie Zölle oder Einfuhrbeschränkungen sind prinzipiell schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung der Welt zu sehen. Wenn alle Handelsbarrieren bis zum Himmel aufbauen, kann am Ende kein Handel mehr stattfinden und jeder muss mit dem zurecht kommen, was im Lande vorhanden ist. Das hieße für uns letzten Endes keinen Bourbon oder Scotch. Das kann es nicht sein. Besser wäre es doch, wenn wir genauso viel Whisky und Whiskey konsumierten und Geld für Urlaub ausgäben, wie wir Autos in die Welt verkauften. Dann wären die Handelsbilanzen ausgeglichen und diese Art Neid käme nicht auf. Doch wir Deutschen sind sparsam und fleißig und so gelten wir (allerdings zu unrecht) als Exportweltmeister.

In den Jahren 1900 bis 2002 waren fast durchgehend die USA Exportweltmeister. Es folgte die Zeit von 2003 bis 2008, in der Deutschland diesen Titel innehielt. Seit 2009 ist China unangefochten Exportweltmeister, die USA belegen den zweiten Platz und wir Deutschen müssen uns mit dem dritten Platz zufrieden geben.

Diese ganzen Zollproblematiken werden uns noch eine ganze Reihe von Jahren begleiten und das Leben schwer machen. TTIP hätte all diese Unterschiede zwischen den USA und Europa hinweggefegt. Doch der populäre Streit um Chlorhühnchen auf der einen Seite und Antibiotika-Schwein auf der anderen, verhinderte eine Einigung. Statt Behinderungen abzubauen und die Sache für alle einfacher zu gestalten, sollte ein viele tausend Seiten starkes und unübersichtliches Werk entstehen. Das war nicht wirklich hilfreich.

Aktuell sehen wir die ersten Bourbon-Hamsterkäufe bei uns im Internet-Shop. Macht das Sinn oder nicht? Teils teils. Bei Whiskey bis 40 EUR würde ich von Hamsterkäufen absehen. Hier ist die Preissensitivität im Absatz relativ groß, so dass Preiserhöhungen sehr schnell im Verlust von Marktanteilen endet. Das ist selten im Sinn der Firmen, die dafür lieber auf ein paar Prozent Gewinn verzichten.

Anders sieht es bei Flaschen mit deutlich höheren Verkaufspreisen aus. Hier gibt es ein geringes Angebot und Kunden kaufen in der Regel genau dann, wenn Flaschen verfügbar sind. Das ist leider viel zu selten der Fall, weil der Markt sehr klein ist. Hier macht es durchaus Sinn, sich die eine oder andere Flasche auf Vorrat zu legen, bis sich der Pulverdampf vom Handelsschlachtfeld wieder verweht hat.

*) Daten aus der Alkoholwirtschaft 2015, BSI – Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V.