Glen Albyn, Glen Mhor, Millburn, Rosebank & Dallas Dhu

Überreste verlorener Brennereien

Die schottische Whiskygeschichte beginnt im Jahr 1494. In der Liste der Ausgaben des Königs wird die Beschaffung von Malz zur Produktion von 'aqua vitae' für die Nachwelt notiert. Auch wenn heute die Menschen über die Aufbewahrungsfristen für Finanzunterlagen stöhnen, so ist dieses Dokument der erste überlieferte Zeuge für die Produktion von Whisky. Irland ist da mit der urkundlich erwähnten Jahreszahl 1608 deutlich auf den zweiten Platz verwiesen. Das heißt aber nicht, dass heute der Whisky in Schottland besser wäre oder dass Irish Whiskey nicht schon vorher existierte. Es ist nur die dokumentierte Jahreszahl, die an dieser Stelle zählt.

Mit den Fortschritten im Ackerbau und der Frühindustrialisierung, die sich besonders in der Weltmacht des britischen Empires manifestierte, machte auch Whisky Terrain gut. Kupfer war im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert 'erschwinglich' geworden und so sprossen die Kleinbrennereien überall in Schottland wie Pilze aus dem Boden. Die Farmer erhielten damit die Möglichkeit, das verderbliche Getreide in ein haltbares und wertvolles Handelsgut zu überführen.

Die Krone erkannte recht bald die Möglichkeiten, die eine Alkohol- bzw. Malzsteuer bot. Und da man in den schwer zugänglichen Highlands die Einhaltung nicht kontrollieren konnte, verbot man einfach die Produktion von Whisky in den Highlands. Eine gedachte Linie von Greenock im Westen nach Dundee im Osten teilte die 'verbotenen' Highlands von den Lowlands. Die Highländer ließen sich jedoch nicht vom Herstellen ihres geliebten Whiskys abhalten und so gab es eine Zahl von 14.000 illegalen Brennereien in den Highlands zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Faktisch dürfte die Zahl aber höher gelegen haben.

1823 wurde dann ein Gesetz erlassen, das die Produktion von Whisky in den Highlands wieder erlaubte. Man musste jedoch eine Lizenz erwerben und Alkoholsteuern entrichten. Mitte des 19. Jahrhunderts waren die illegalen Brennereien verschwunden. Alfred Barnard bereiste in den 80er Jahren die Brennereien des United Kingdoms und verfasste darüber sein berühmtes Buch. In 'The Scotch Whisky Industrie Record' wird für das Jahr 1825 nur noch eine Maximalzahl von 658 sich in Betrieb befindlichen Pot Stills genannt.

Im Laufe der Jahrzehnte ging auch die Anzahl an ausgehobenen illegalen Brennereien massiv zurück. Die Eisenbahn erschloss Schottland. Das hatte zum einen Konzentrationsprozesse in der Whiskyindustrie zur Folge. Mit den besseren Verkehrswegen konnten aber auch die Steuereintreiber ehemals entfernt gelegene Regionen erreichen. Es war kein Platz mehr für Illegalität.

Nach dem zweiten Weltkrieg kam zum Konzentrationsprozess noch eine deutliche Nachfragebelebung im folgenden Aufschwung hinzu. Die Brennereien wurden immer weniger, dafür aber immer größer. Es gab Ende der 60er und Anfang der 70er des 20. Jahrhunderts sogar extreme Erweiterungen. Caol Ila, Clynelish, Glen Ord, Teaninich, … die Liste an neu gebauten oder massiv erweiterten Brennereien ist lang.

Wie heißt es so treffend: Des einen Freud, des anderen Leid. Konnten die neuen und modernisierten Brennereien günstig große Mengen herstellen, fiel das alten Brennereien nicht so leicht. Die Brennereien Glen Albyn und Glen Mhor, direkt nebeneinander in Inverness am Caledonian Canal im 19. Jahrhundert errichtet, mussten im Laufe der großen britischen Rezession von 1980 bis ca. 1985 wegen Nachfragemangels schließen. Die Gebäude von Glen Albyn und Glen Mhor blieben erst mal stehen. Doch 1986 war für beide Schluss. Sie wurden abgerissen um einem Einkaufszentrum Platz zu machen. Von Glen Albyn und Glen Mhor sind heute nur noch letzte Flaschen im Sammlerbesitz vorhanden.

Die Brennereien Millburn, ebenfalls in Inverness gelegen, und Rosebank in den Lowlands ging es ähnlich. Auch sie wurden 1983 und 1985 geschlossen. Ihr Erbe lebt jedoch weiter. Heute befinden sich Restaurants in den alten Gebäuden. Man kann also bequem zum Essen gehen und gleichzeitig den alten Charme der Millburn und Rosebank Brennereien erleben. Leider ist von Millburn nicht mehr viel von den Produktionsanlagen übrig. Um Rosebank, gelegen am Forth and Clyde Canal, ranken sich dagegen immer wieder Gerüchte um eine Wiedereröffnung. Denn im Gegensatz zu Millburn stehen bei Rosebank noch immer die Produktionsanlagen in den langsam verfallenden Gebäuden.

Die alte Brennerei Dallas Dhu 'erwischte' es besser. Auch sie wurde 1983 in der Spitze der großen britischen Rezession geschlossen. Doch schon 1988 wurde die Brennerei als nicht arbeitendes Museum wieder eröffnet und unter Denkmalschutz gestellt. Seitdem kümmert sich die Organisation Historic Scotland liebevoll um die alte Bausubstanz und die Einrichtung. 2013 wurde sogar eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Sie soll aufzeigen, ob eine Wiederinbetriebnahme der Brennerei im Rahmen des Museumsbetriebs wirtschaftlich möglich ist.