Neue Regularien in Schottland

Gibt es Whiskyfälschungen?

Schottischer Whisky hat eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hinter sich. Das erste Mal wurde schottischer Whisky 1495 urkundlich erwähnt. Es folgte eine Zeit des unregulierten Brennens, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch das Erheben von Alkoholsteuern und der Vergabe von Lizenzen jäh beendet wurde. Das ausgehende 19. Jahrhundert sah Rekordzahlen in Produktion und Konsum, bis die Woman's Christian Temperance Union sich in der westlichen Welt für eine Prohibition einsetzte, die in USA 1920 weitflächig eingeführt wurde.

Schottland kam mit einem blauen Auge davon. Es brach zwar der große Exportmarkt in den USA zusammen, doch der europäische Markt und der Export in den Commonwealth of Nations blieb soweit stabil. Und auch die Schmuggelware für die USA federte die harte Prohibition ein wenig ab.

Mit dem zweiten Weltkrieg begann der Siegeszug des Scotch. Großbritannien durfte seine Kriegsschulden in den USA in Form von Whisky bezahlen. Was Anfangs wie ein furchtbarer Verlust an Wirtschaftsleistung aussah, wird heute als eine der größten, erfolgreichen Werbekampagnen der Welt angesehen. Auch die Verbreitung des Scotch in den ehemaligen Kolonien und des noch immer bestehenden Commonwealths macht Scotch Whisky zur Nummer 1 unter den globalen Spirituosen.

Wo gutes Geld verdient wird, machen sich aber auch Subjekte auf den Weg, die nur das schnelle Geld suchen. Label mit schottisch klingenden Namen sind schnell gedruckt und irgendein lokales Billigdestillat, schnell mit Zuckerkulör auf Whiskyfarbe gebracht, wird unter der Bezeichnung Scotch vertickt. Das schadet dem Scotch auf doppelte Weise. Einmal entgehen den schottischen Whiskyherstellern die Umsatzerlöse. Wobei das nur fiktive Erlöse sind. Denn die Kunden dieser Billigflaschen können sich in der Regel den teuren Scotch nicht wirklich leisten. Der zweite Schaden ist ein Imageschaden. Und der ist viel gravierender. Schlechte Qualität wird unter dem Anschein eines Scotch Whiskys verkauft. Wem dieser 'Fusel' nicht schmeckt, der wird mit dem global steigenden Wohlstand in Zukunft eher zu Bourbon oder Wodka, aber bestimmt nicht mehr zu Scotch, greifen. Hier liegt die eigentliche Gefahr.

Aus diesem Grund haben sich die schottischen Whiskyhersteller in ihrer Industrievereinigung der mächtigen Scotch Whisky Association (SWA) zusammengeschlossen. In ihr vereinigen sich Hersteller, die 98% des schottischen Whiskys produzieren. Ein paar kleine, häufig unabhängige, Abfüller sind nicht dabei. Zu ihnen kommen wir später.

Was unter dem Dach der SWA ausgebrütet wird, erhält aus London fast uneingeschränkt den Segen und wird in Gesetze und Verordnungen umgesetzt. Kein Wunder! Scotch Whisky sorgt innerhalb Großbritanniens für eine der größten Steuereinnahmen und ist mit über 3 Milliarden exportierten Flaschen im Jahr 2012 ein riesiger Aktivposten in der Außenhandelsbilanz. Diesen gilt es mit allen Mitteln zu schützen.

So wurde 2009 eine große Scotch Whisky Reform durchgeführt, bei der die Bezeichnungen der einzelnen Whiskysorten und sogar die Herstellungsweise und Abfüllorte festgelegt wurden. So heißt es seitdem nicht mehr Vatted Malt sondern Blended Malt, und Single Malt Scotch Whisky muss zwingend in Pot Stills hergestellt werden und darf nur noch in Schottland abgefüllt werden.

Diese zwingende Abfüllung in Schottland hat zu Beschwerden aus dem Ausland geführt. Doch Schottland blieb eisern. So dürfen unabhängige, deutsche Abfüller ihre Single Malts nicht mehr in Deutschland in die Flaschen füllen. Das gilt sowohl für die Abfüllung ganzer Fässer durch unabhängige ausländische Abfüller, als auch für die Abfüllung von 'loser' Mitnahmeware im Filialgeschäft.

Wo muss nun der Verbraucher mit gefälschter Ware rechnen? Immer dort, wo der Arm des schottischen SWA nicht hinreicht. So wurde in der Vergangenheit vor allem an drei Stellen gefälschte Ware aufgedeckt, für die man gezielte Gegenmaßnahmen eingeleitet hat. Dennoch blieb der Erfolg bislang begrenzt.

Die erste Stelle findet sich hier in Deutschland in den Bars. Der Kunde verlangt einen Markenscotch für seinen Longdrink oder gar einen Single Malt Whisky. Aber die Originalflasche wurde mit Billigware wieder befüllt. In einer Whisky Cola ist das nicht zwingend zu bemerken. Bei der Vielfalt der Single Malt Whiskys nun auch nicht. Hier hat die Industrie Analysegeräte entwickelt, mit der sie in Bars auf Fälscherfang geht. Das Gerät wurde in der Presse groß angekündigt. Die Fahndung nach Fälschungen erfolgt dagegen im Verborgenen. Abmahnungen und Schadenersatzforderungen sind die Folge. Beim Single Malt Whisky mit seinen Hunderten an Ausprägungen bleibt diese Analyse jedoch meist erfolglos, weil die Fähigkeiten dieser Geräte dann doch begrenzt sind.

Die zweite Stelle kann man im Internet auf den üblichen Versteigerungsplattformen sehen. Letztlich wurde ein Fall auf Facebook diskutiert. Ein Genießer hatte seine einzelnummerierte, leere Flasche versteigert und ein hübsches Sümmchen dafür eingenommen. Dann erschien eben genau diese Flasche, jetzt aber gefüllt, wieder im Internet auf der Versteigerungsplattform. Man konnte es deutlich an der Nummer auf dem Etikett sehen. Da wundert man sich nicht mehr, dass leere Flaschen hin und wieder für 100 Euro und mehr den Zuschlag erhalten. Der spätere Gewinn durch wieder befüllte Sammlerflaschen beträgt ein Mehrfaches. Und wer glaubt, Kapseln sein ein gutes Mittel, um Wiederbefüllungen zu verhindern, dem muss eine gewissen Naivität bescheinigt werden. Man kann sie für 15ct das Stück in allen Farben und Formen kaufen.

Die dritte Stelle befindet sich in Ländern ohne funktionierendes Rechtssystem. Die schlimmsten Fälle wurden in Asien und dort vor allem in Indien und Südostasien bekannt. Hier geht es jedoch vor allem um die Blended Scotch Whiskys mit den großen Namen, mit denen man paletten- und containerweise Umsatz schieben kann.

Was macht nun die Industrie? Macallan war in der Vergangenheit besonders von Fälschungen betroffen. Das ist klar, dann wer die höchsten Preise verlangt, steht an der vordersten Front der Schusslinie. Macallan beklebt deshalb seit ein paar Jahren seine Flaschenhülsen mit einem Hologramm. Und dieses Hologramm ist so angebracht, dass es sowohl auf der Kapsel als auch auf dem Glas fest ist. Wird die Kapsel entfernt, wird das Hologramm automatisch zerrissen.

Lagavulin schützt seine Flaschen mit einer zusätzlichen Banderole unter der Kapsel. So kann man zwar beim Kauf der Flasche nicht erkennen, ob die Banderole noch unversehrt ist. Aber spätestens beim Öffnen der Kapsel sähe man eine getrennte Banderole. Das schützt nun nicht den Sammler vor Betrug, aber der Genießer weiß nach so einer Entdeckung, wo er in Zukunft nicht mehr einkaufen wird.

In einer Bar stellte sich schon immer die Frage, ob unter dem Tresen auch das Bierfass der beworbenen Marke stand. Dieses Problem hat sich mit dem Erscheinen des wertvollen Single Malts nicht geändert. Hier hilft nur der gute Menschenverstand. Ist die Bar sauber geputzt? Ist die Kleidung des Barkeepers jeden Abend frisch? Knackt der Verschluss der Wasserflaschen beim Servieren? Wenn ein Gastwirt betrügt, dann nicht nur beim Whisky. Wer an anderer Stelle Inkorrektheiten entdeckt, sollte die teuren Whiskys, so preiswert sie auch angeboten seien, lieber meiden.

Der neueste Coup der Scotch Whisky Association (SWA) enthält eine Zertifizierung für Whiskyabfüller. In Schottland und auf der ganzen Welt. Wir erinnern uns, Blended Scotch darf auf der ganzen Welt abgefüllt werden. Single Malt Scotch dagegen nur in Schottland. Wer also irgendwo auf der Welt einen Scotch anbietet und keine Registrierung und Vorort-Überprüfungen von der SWA vorweisen kann, darf das Wort Scotch auf seiner Ware nicht mehr verwenden. Der Nachweis eines Fakes ist damit viel leichter geworden. Ohne Zertifikat der SWA ist in Zukunft jeder Scotch ein Fake. Was auf den ersten Blick wie eine riesige Bürokratiekampagne aussieht, wird in Zukunft das Fundament der Fälschungen zum Einsturz bringen.

Doch auch bei den unabhängigen Abfüllern in Schottland ist nicht alles Gold was glänzt. Wenn der Geschäftsführer des ältesten und berühmtesten unabhängigen Abfüllers Gordon & MacPhail diese Zertifizierung ausdrücklich begrüßt, dann gibt es wohl auch mehr als ein schwarzes Schaf in der Branche. Die Großen der Branche haben eigentlich keine Möglichkeit zu Fälschen, die Fässer wiederzubefüllen, inkorrekte Altersangaben auf Flaschen zu machen, usw. Wer als Unternehmer mehr als eine Handvoll Mitarbeiter hat, würde sich mit diesen Fälschungen bei der Mitarbeiterschaft erpressbar machen. Die Folge wären extreme Gehälter, die am Ende das ganze Fälscherunterfangen sinnlos werden ließen.

Ganz anders jedoch bei den kleinen unabhängigen Abfüllern, bei denen der Chef noch abends selbst abfüllt. Wenn kein Vieraugenprinzip herrscht, ist Fälschungen Tür und Tor geöffnet. Dazu gehören natürlich auch die letzten unabhängigen und allein arbeitenden Whisky-Broker. Wer kontrolliert bei ihnen, dass sich im Fass auch das befindet, was außen drauf steht? Wie kann man das Alter des Fasses kontrollieren? Wer sagt einem, dass nicht ein altes Fass erneut mit jüngerem Sprit befüllt wurde? Oder ein altes Fass einer seltenen Brennerei mit der Produktion einer 0815-Brennerei befüllt wurde?

Um die Jahrtausendwende gaben die großen Konzerne bekannt, dass sie den Verkauf von Malt Whisky ihrer großen Brennereien an Drittfirmen eingestellt haben. Nur bestehende Verträge mit einigen Blendern würden noch erfüllt, so hieß es damals. Dennoch ließt man immer wieder, dass sich in einer besonderen unabhängigen Whiskyflasche z.B. ein Lagavulin befinden würde. Nach den Aussagen der großen Konzerne ist dies heute jedoch unmöglich.

Und hier kommt nun die neue Zertifizierung der SWA ins Spiel. Jeder unabhängige Abfüller, der sein Produkt Single Malt Scotch Whisky nennen will, muss dieses Produkt in Schottland abfüllen (lassen) und der Inhalt der Flaschen muss von der SWA zertifiziert werden. Dazu gehört auch die Vorlage der entsprechenden Zoll-Lagerpapiere der Fässer. Über ein entsprechendes Computersystem wird damit sichergestellt, dass ein einmal abgefülltes Fass kein zweites Mal illegal mit fremdem Inhalt befüllt wird, ohne dies zu kennzeichnen. Mit der Inbetriebnahme des Systems wird nach unserer Vermutung die Anzahl an Abfüllungen der kleinen, unabhängigen Abfüller spürbar zurück gehen.

Wer nun darüber traurig ist, sollte sich klar machen, dass nicht die unabhängigen Abfüllungen zurück gehen, sondern nur die Fälschungen.

Die Scotch Whisky Association sagte in ihrer Pressemeldung, dass rund ein Zehntel aller Scotch Flaschen auf der Welt gefälscht seien. Wie können Sie sich nun gegen Fälschungen schützen, bis diese Zertifizierung wirklich greift?

  1. Kaufen Sie keine Flaschen auf Internet-Versteigerungsplattformen. Sie können nicht wissen, welche Geschichte diese Flaschen haben. Ganz besonders gilt dies für ausländische Anbieter, die Sie nicht zur Rechenschaft ziehen können. Selbst 100 gute Bewertungen bedeuten nur, dass die Flaschen ordentlich aussahen und ordentlich geliefert wurden. Über den Inhalt sagen sie nichts aus. Hier gilt der Satz: 'Gier frisst Hirn!'
  2. Kaufen Sie keine Flaschen von kleinen, unabhängigen Abfüllern, bei denen der Chef noch selbst abfüllt. Dabei muss nicht mal der Abfüller der Übeltäter sein. Er kann den Schwarzen Peter auch vom ursprünglichen Fasslieferanten weitergeschoben bekommen haben. Es geht um die Lieferantenkette.
  3. Kaufen Sie sich offene Single Malts nur in Bars oder Restaurants, zu denen Sie Vertrauen haben. Billige Preise auf der Barkarte und verkleckerte Flaschenlabel sprechen eine eindeutige Sprache.
  4. Bringen Sie sich aus 'exotischen' Ländern keine Whiskyflaschen mit nach Hause. Je schwächer die Rechtsprechung in einem Land, um so wahrscheinlicher werden Fälschungen.

The Whisky Store hält sich seit seiner Gründung an einige Grundregeln des Whiskyhandels. Wir kaufen unsere Ware nur über die etablierten, großen Distributionen. Hier ist durch die große Anzahl an Mitarbeitern sicher gestellt, dass Niemand Fälschungen einschleust. Niemand setzt den Ruf eines großen Unternehmens aufs Spiel, nur wegen ein paar Hundert schnell vertickten Fälschungen. Wir haben deshalb auch noch nie Whiskysammlungen mit einzelnen Flaschen angekauft. Neben der vielen Mühe, die der Verkauf einzelner Flaschen macht, war es uns auch immer unsicher, ob sich nicht die eine oder andere Fälschung in so einer Sammlung verbirgt.

Zum Abschluss noch ein kleiner Tipp zum Werterhalt Ihrer Flaschen. Sparen Sie sich die originalen Rechnungen Ihrer Flaschen auf. So können Sie bei einem späteren, gewinnträchtigen Verkauf nachweisen, dass Sie tatsächlich ein Original aus dem offiziellen Vertriebsweg erworben haben. Der Käufer wird es Ihnen mit einem besseren Preis danken.